„Die bitterste Niederlage meiner Karriere“

27. Mai 2019

Zuversichtlich: Tommy Eichhorn (l.) und Dominik Neugebauer (r.) rechneten sich vor dem Match völlig zurecht gute Chancen aus.

Völlig entsetzt standen sie da und mussten ohnmächtig den Freudentänzen der gegnerischen Mannschaft zuschauen. Auch Minuten später hatten sie die passenden Worte noch nicht gefunden. Zu unwirklich war einfach das, was sich in den zwei Stunden zuvor zugetragen hatte. So ähnlich musste sich Napoleon bei Waterloo gefühlt haben. Vielleicht ein wenig martialisch, aber der französiche General und Kaiser war nach seiner letzten Schlacht sicher nicht weniger fassungslos. Doch von Anfang an…

Die Ausgangslage für den FC vor dem Heimspiel gegen Kist war eigentlich klar. Auf dem Papier war man Außenseiter. Dennoch waren die Prognosen der Frankonen durchaus unterschiedlich. Schließlich bot man in diesem Spiel trotz des Ausfalls von Mannschaftsführer Uwe Zimmermann mit das Beste auf, was unser Verein an Tennisspielern zu bieten hat. Dominik Neugebauer hatte schon Wochen zuvor Kist als schlagbar ausgemacht. Und auch Bastian Steuerwald und Thomas Eichhorn waren zuversichtlich bis blauäugig. Lediglich Markus Schott sah die Dinge wieder einmal eher defensiv : „Mit viel, viel Glück steht es nach den Einzeln 3:3,“ trat er auf die Euphoriebremse. Für Neugebauer und Björn Seidl sah er gute Chancen, doch alle anderen waren zumindest in der Theorie Außenseiter. Mit Neugebauer und Seidl sollte Schott Recht behalten, beide siegten völlig problemlos. Bastian Steuerwald hatte der 39-Jährige dagegen unterschätzt. Der Elfershäuser zeigte ein super-konzentriertes Spiel und lieferte großartig ab – 6:3, 6:3.

Zweiter Sieg im dritten Match. Bastian Steuerwald entwickelt sich in dieser bestechenden Form mehr und mehr zum Faustpfand auf den hinteren Positionen.

Auch Mario Wirth schlug sich gegen seinen favorisierten Gegner wacker und kam nach einem völlig verschlafenen ersten Satz zurück. „Die Wand“ gab keinen Ball verloren und verlangte seinem Gegenüber alles ab. Am Ende dann ein etwas ärgerliches 5:7 und die Erkenntnis: da war mehr drin! Wie auch für Thomas Eichhorn. Dieser zeigte im ersten Satz großes Tennis, erlebte aber wie schon in der Vorwoche ein bitteres Ende. Ausgerechnet im Tiebreak zeigte er Nerven und verlor diesen mit 4:7. Damit war sein Widerstand gebrochen und beim Stand von 0:2 im zweiten Satz entschied er sich aufgrund seiner immernoch nicht auskurierten Schulterverletzung dazu, seine Kräfte für das wichtige Doppel zu sparen. Mit einem gewonnenen ersten Satz hätte diese Entscheidung sicher anders ausgesehen.

Der einzige Spieler, der wirklich meilenweit von einem Sieg entfernt war, war Schott selbst. Dessen Gegner dominierte das Geschehen von Beginn an und zog dem Neu-Poppenröther vor allem mit seinem platzierten und unangenehm zu returnierenden Aufschlag den Zahn. Auch in den Ballwechseln zeigte dieser kaum Schwächen und ließ Schott gar nicht erst ins Spiel: „Auch wenn es deprimierend ist, muss man am Ende anerkennen, wenn der Gegner einfach deutlich besser ist,“ zeigte sich Schott enttäuscht. „Ich hätte einfach auch gerne etwas beigetragen.“

Die Entscheidung musste also im Doppel fallen und nun wurde taktiert, was das Zeug hielt. Für beide Teams galt es beim Stand von 3:3 nach den Einzeln, zwei der drei Doppel zu gewinnen. Lediglich die Aufstellungen, die dieses Kunststück bewerkstelligen sollten, galt es zu diskutieren. Vielleicht profitierte der Gegner hier von seiner deutlich größeren Erfahrung, vielleicht dachte man einfach zu viel nach, vielleicht auch zu wenig. Man einigte sich auf eine Aufstellung und schon beim Aufdecken der generischen Formationen kam die Befürchtung auf, sich verpokert zu haben. Mit Eichhorn und Seidl schickte man zwei Top-Spieler ins Dreier-Doppel, um dieses sicher zu holen. Ärgerlich nur, dass der Gegner hier seine zwei schwächsten Spieler aufbot und dieses Doppel mehr oder weniger abschenkte – 6:0, 6:2 stand es hier am Ende, ohne dass Eichhorn und Seidl annähernd ihre beste Leistung aufbieten mussten. Der Gegner konzentrierte sich mit seiner Aufstellung dagegen auf das Zweierdoppel, wo Wirth/ Steuerwald gegen ein gutes gegnerisches Duo auf verlorenem Posten standen. Man hätte die Aufstellungen auch tauschen können, die Chancen auf zwei Siege wären im Nachhinein groß gewesen. Doch da man die Aufstellungen der Gegner vorher nicht kennt, ist dies bloß graue Theorie.

Stattdessen bauten die FCler ganz auf das Einserdoppel. Neugebauer/ Schott sollten es richten und sah dieser Plan zu Beginn noch komplett nach einem Geniestreich aus, nahm das Drama im zweiten Satz einen nervenzerfetzenden Lauf. Beim Stand von 6:0, 4:2 hatte unser Duo drei Breakbälle zum 5:2. Doch genau in diesem Moment begann der Gegner, richtig stark zu servieren und kaum mehr Fehler zu machen. Der Vorsprung schmolz, doch man blieb immer am Drücker. Den Vorwurf, das Match vorzeitig abgehakt zu haben, müssen sich weder Neugebauer noch Schott gefallen lassen. Beide blieben hochkonzentriert gegen ein starkes gegnerisches Doppel, das plötzlich anfing solider zu spielen, weniger Fehler machte und in den entscheidenden Momenten eine bewundernswerte Nervenstärke zeigte. So zum Beispiel im Tiebreak, als Neugebauer/ Schott den ersten Matchball vergab. Zwei weitere Punkte später stand urplötzlich der Satzausgleich. Die Spannung war nicht mehr zu toppen und nicht erst ab diesem Moment wurde jeder Punkt auf und neben dem Center Court frenetisch gefeiert. Eine Dame ging sogar vorzeitig nach Hause, da sie den Nervenkitzel nicht mehr ertragen konnte.

„Ich habe auf einmal gemerkt, wie wahnsinnig angespannt ich war,“ beschrieb selbst der eigentlich durch nichts aus der Ruhe zu bringende Dominik Neugebauer noch Tage nach dem Match die Gemengelage.

Im Matchtiebreak schienen die beiden tapferen Frankonen den Faden wieder zu finden und setzten sich ein wenig ab. Erst 8:4, dann hieß es beim Stand von 9:6 erneut dreimal – Matchball! Und genau in diesem Moment zeigte diese unglaubliche Anspannung erneut Wirkung. Wenn man es mit dem FC hält, leider auf der falschen Seite. Der Gegner schien erneut völlig cool zu bleiben, während auf unserer Seite erst Schott eine falsche Entscheidung am Netz traf, als er versuchte den Ball zu stehlen, stattdessen jedoch passiert wurde und im Anschluss Neugebauer mit zwei für ihn völlig ungewohnten Vorhandfehlern den Ausgleich ermöglichte. Und dann wurde es kurios: nachdem der erste Aufschlag des Gegners im Aus gelandet war, bat Schott um eine kurze Unterbrechung, um den zurück rollenden Ball aus dem Feld zu befördern. Sein Gegner bekam dies jedoch offenbar nicht mit und servierte erneut – Doppelfehler! Schott war jedoch abgelenkt und hatte kurz bevor der Ball aufsetzte reklamiert. So musste man dem Gegner zähneknirschend zwei neue Aufschläge zugestehen und da das Schicksal bekanntlich ein mieser Verräter ist, machte natürlich der Gegner den Punkt. Matchball Kist! Und auch in diesem Moment blieb der Gegner cool und machte den Sack zu. 9:11. Verloren.

Völlig konsterniert standen Neugebauer und Schott da, während der Gegner in lautstarken Jubel ausbrach. Unfähig, die passenden Worte zu finden. Es dauerte Minuten bis Schott kopfschüttelnd realisierte: „Es war alles da gelegen. Wir hätten nur zugreifen müssen.“ Da half auch der Trost der Mannschaftskollegen wenig. Auch Neugebauer verstand die Welt nicht mehr: „Ich hätte in einer solchen Situation dominanter auftreten müssen,“ zeigte er sich selbstkritisch und haderte vor allem mit seinen unerzwungenen Fehlern: „Das waren zwei leichte Vorhände, mit der ich eigentlich nie Fehler mache.“ Doch Vorwürfe wollte an dieser Stelle keiner machen. Im Gegenteil: „Kopf hoch“ hieß die Ansage von Bastian Steuerwald, Björn Seidl und auch Trainer Sebastian Schübert unisono. Claus-Peter Köth war sich gar sicher: „Ihr werdet stärker zurück kommen.“ Zudem war die Enttäuschung bei den beiden Unterlegenen selbst am größten. Neugebauer bezeichnete die Pleite gar als „die bitterste Niederlage meiner Karriere“.

Mit einem Sieg hätte man den sensationellen Klassenerhalt schon am dritten Spieltag quasi perfekt machen können. Nun muss weiter gezittert werden. Vielleicht kommt die Spielpause jetzt gerade recht. Sich sammeln, gut trainieren und nach den Pfingstferien am 22. Juni in Gerbrunn zurück kommen. Gestärkt, ausgeruht – und vor allem wieder genau so mutig wie bisher. Nicht wie Napoleon.

 

®FC Frankonia Eltingshausen 2020
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